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04.08.2023

Vertrauensperson bei Untersuchung durch medizinischen Sachverständigen zulässig

Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27.10.2022 (AZ: B 9 SB 1/20 R) “Es dem zu Begutachtenden im Grundsatz frei eine Vertrauensperson zu einer Untersuchung durch einen medizinischen Sachverständigen mitzunehmen.”

Im vorliegenden Fall wandte sich der Kläger gegen die Herabsetzung des bei ihm ursprünglich festgestellten Grades der Behinderung (GdB) von 50 auf 30. Die mir der Erstellung eines Sachverständigengutachtens im Klageverfahren beauftragten Orthopäden hatten die Begutachtung des Klägers deshalb abgelehnt, weil der Kläger die Anwesenheit seiner Tochter oder seines Sohnes als Vertrauensperson während der Anamnese sowie der Untersuchung verlangt hatte. Daraufhin wurde dem Kläger vom sachlich zuständigen Landessozialgericht als Berufungsinstanz Beweisvereitelung vorgeworfen mit dem Argument, der von ihm gestellte Antrag nach § 109 SGG auf Begutachtung durch den von ihm benannten Orthopäden sei angesichts der Vereitelung des von Amts wegen in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens als rechtsmissbräuchlich abzulehnen.

Mit seiner Revision vor dem BSG machte der Kläger geltend, dass es ihm aus Gründen des fairen Verfahrens grundsätzlich erlaubt sein müsse, eine Vertrauensperson an der Untersuchung, der Anamnese sowie den Unterredungen mit dem Sachverständigen teilhaben zu lassen. Das Bundessozialgericht hat dem Kläger in diesem Punkt Recht gegeben und entschieden, dass es dem zu Begutachtenden im Grundsatz frei stehe, eine Vertrauensperson zu einer Untersuchung mitzunehmen. Das Gericht kann jedoch den Ausschluss einer Vertrauensperson anordnen, wenn ihre Anwesenheit im Einzelfall eine geordnete, effektive oder unverfälschte Beweiserhebung erschwere bzw. verhindere. Dies gelte insbesondere dann, wenn zu befürchten sei, dass durch die Anwesenheit eines Dritten das Ergebnis der Exploration und Begutachtung verfälscht werden könnte. Werden beispielsweise sensible Bereiche aus der persönlichen Biographie angesprochen, ist es plausibel, dass die Anwesenheit Dritter dazu führen kann, dass Informationen nicht mitgeteilt werden, sei es aus Angst, Scham oder Rücksicht auf die Gefühle der Vertrauensperson.

Thema: Informationen | 04.08.2023 |

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