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30.07.2024

Das “Gesundes-Herz-Gesetz”: Ein Sturm der Kritik

Es ist selten, dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) so viel Kritik einstecken muss wie für sein neuestes Projekt, das “Gesundes-Herz-Gesetz” (GHG). Bei der heutigen Fachanhörung im Bundesgesundheitsministerium gab es einen regelrechten Proteststurm.

Die Krankenkassen bezeichneten das Gesetz als “schlechten Scherz”. Ärzte forderten einen sofortigen Stopp des Gesetzes und Experten kritisierten die fehlende wissenschaftliche Evidenz. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, urteilte, der Gesetzentwurf sei “komplett missraten”. Ihrer Meinung nach sollte die Ampel-Koalition das Gesetz schnell zurückziehen. Anstatt auf Prävention zu setzen, konzentriere sich das GHG auf “Pillen” und “Staatsmedizin”. Die Pläne sehen vor, die Präventionsangebote der Kassen zu kürzen und das Geld in Medikamente wie Statine und Massen-Screenings zu investieren.

Bereits im Vorfeld hatten zahlreiche Verbände, angeführt von den großen Kassenverbänden, in einem Schreiben gegen die Pläne protestiert. Sie befürchten, dass das Gros der 100.000 zertifizierten Präventionskurse für Kassenversicherte gefährdet ist. “Selten waren sich Ärzteschaft, Wissenschaft, Krankenkassen und Selbstverwaltung bei der Bewertung eines Gesetzes so einig wie beim Gesundes-Herz-Gesetz”, erklärte der Hausärzteverband. Ihrer Meinung nach “sollte das Gesetz in dieser Form gestoppt werden”. Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) lehnte es ab, dass Ärzte “breiten Bevölkerungsschichten” und schon Kindern “unkritisch” Statine verordnen sollen.

Carola Reimann warnte, dass anstatt echte Prävention zu fördern, Beitragsgelder für “sinnlose Früherkennungsuntersuchungen” und die “forcierte Verschreibung” von Statinen vergeudet würden. Sie kritisierte, dass das Gesetz “evidenzbasierte Medizin und deren Institutionen verhöhnt, die Primärprävention konterkariert und etablierte Präventionsstrukturen gefährdet”. Laut den Plänen sollen Zwölf- bis 14-Jährige sowie Versicherte im Alter von 25, 35 und 50 Jahren flächendeckend auf Risikofaktoren gescreent werden. Gleichzeitig plant Lauterbach, die Risikoschwellen für den Einsatz von Statinen gesetzlich zu senken, damit mehr Menschen Cholesterinsenker erhalten.

Auch von der Bundesärztekammer (BÄK), dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (Iqwig) und dem gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) kam scharfe Kritik. Sie bezweifelten, dass das Gesetz sein Ziel erreicht, die Zahl der Herz-Kreislauf-Toten zu senken. Besonders der breite Einsatz von Statinen bei Jüngeren sei “nicht evidenzbasiert”. Stattdessen würde die ohnehin vernachlässigte Primärprävention geschwächt und neue, fragwürdige Untersuchungs- und Medikationskosten verursacht. Der frühere Iqwig-Leiter Jürgen Windeler bezeichnete das Gesetz sogar als “völlig gaga”.

Quelle: http://www.aok.de

Thema: Informationen Gesundheit | 30.07.2024 |

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