Eizellenspende in der Schweiz: Zwischen Gleichstellung und Ausbeutung
In der Schweiz ist die Eizellenspende bislang verboten. Der Bundesrat möchte das ändern und plant eine Gesetzesrevision, die das Verfahren künftig erlauben soll. Damit soll eine Gleichbehandlung von Frauen und Männern erreicht werden – schließlich dürfen Männer schon heute ihre Samenzellen spenden. Doch dieser Vergleich ist trügerisch: Während eine Samenspende unkompliziert und risikoarm ist, bedeutet eine Eizellenspende für die Spenderin eine wochenlange Hormonbehandlung, einen Eingriff unter Narkose und mögliche gesundheitliche Folgen.
Heute reisen viele Schweizerinnen ins Ausland, etwa nach Spanien oder Tschechien, um dort eine Behandlung mit gespendeten Eizellen zu erhalten. Dieser sogenannte „Fortpflanzungstourismus“ soll mit dem neuen Gesetz eingedämmt werden. Wie groß der tatsächliche Bedarf an Eizellen ist, weiß jedoch niemand genau.
Um mehr über die Haltung junger Frauen zu erfahren, ließ die Organisation biorespect über 1.000 Frauen zwischen 18 und 30 Jahren befragen. Die Ergebnisse zeigen: 87 Prozent kennen die Eizellenspende, aber nur knapp die Hälfte weiß über die gesundheitlichen Risiken Bescheid. Nach einer neutralen Information gaben zwei Drittel an, sie könnten sich nicht vorstellen, ihre Eizellen zu spenden. Hauptgründe waren Angst vor gesundheitlichen Risiken, persönliche Überzeugungen und ethische Bedenken.
Erfahrungen aus Ländern wie Norwegen oder Österreich zeigen zudem, dass es trotz Legalisierung kaum Spenderinnen gibt. In Norwegen spendeten 2022 nur 101 Frauen, während Hunderte Eizellen aus dem Ausland importiert werden mussten. Viele Spenderinnen dort oder in Ländern wie Spanien spenden aus finanzieller Not. Fachleute warnen deshalb, dass eine Legalisierung schnell zu einer Ökonomisierung der Reproduktionsmedizin führen kann – mit dem Risiko, dass wirtschaftlich schwächere Frauen ausgenutzt werden.
Die geplante Gesetzesänderung wirft daher grundlegende Fragen auf: Wie lässt sich Gleichstellung erreichen, ohne die körperliche und soziale Ungleichheit zu verschärfen? Wer profitiert von der Eizellenspende – und wer trägt die Risiken?
Bevor die Schweiz neue Wege in der Reproduktionsmedizin geht, braucht es eine offene gesellschaftliche Debatte darüber, wie weit wir bereit sind, den weiblichen Körper zur Ressource zu machen – und wo wir die Grenze ziehen wollen.
Thema: Informationen Familie & Kind | 07.11.2025 |