Frühe Hilfen in Kliniken: Unterstützung für belastete Familien braucht sichere Finanzierung
Der Deutsche Caritasverband warnt vor einer wachsenden Versorgungslücke in der frühen Unterstützung junger Familien. Das aktuelle ZuFa-Monitoring Geburtskliniken 2024 des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen zeigt, dass mindestens 15 Prozent der Familien in Deutschland nach Einschätzung von Klinikpersonal psychosozial so stark belastet sind, dass die gesunde Entwicklung des Kindes gefährdet ist. 76 Prozent der befragten Fachkräfte beobachten zudem, dass sich solche Belastungen in den vergangenen Jahren verstärkt haben.
Übertragen auf die Zahl der Geburten im Jahr 2023 betrifft das mehr als 97.000 Kinder. Besonders häufig betroffen sind Familien, die auf Grundsicherung angewiesen sind. Diese Zahlen machen deutlich, wie groß der Bedarf an frühzeitiger, niedrigschwelliger Unterstützung ist – direkt dort, wo Familien erreicht werden: in Geburtskliniken.
Eine zentrale Rolle übernehmen dabei Babylotsinnen und -lotsen. Sie sind speziell geschult, erkennen psychosoziale Belastungen, beraten Eltern und vermitteln passgenaue Hilfeangebote. In enger Zusammenarbeit mit dem medizinischen Personal tragen sie dazu bei, Überforderung zu vermeiden und das Kindeswohl zu sichern.
Trotz der positiven Wirkung sind viele dieser Angebote nicht langfristig gesichert. Über die Hälfte der Lotsendienste arbeitet auf befristeter Basis, oft ohne klare Perspektive. Zwar beteiligen sich in rund 72 Prozent der Kliniken Mittel der Bundesstiftung Frühe Hilfen an der Finanzierung, doch deren Fördervolumen liegt seit 2012 unverändert bei 51 Millionen Euro pro Jahr – bei gleichzeitig steigenden Kosten und wachsendem Bedarf.
Die Rückmeldungen aus den Kliniken zeigen den Wert dieser präventiven Arbeit: 88 Prozent des Klinikpersonals berichten, dass ein Lotsendienst ihre Sorge reduziert, psychosozial belastete Familien nicht ausreichend unterstützen zu können. 80 Prozent empfehlen die Einführung des Dienstes auch anderen Einrichtungen. Auch auf Seiten der betreuten Eltern wird eine deutlich höhere Zufriedenheit wahrgenommen.
Angesichts dieser Zahlen fordert die Caritas eine gesetzlich gesicherte Finanzierung von Babylotsendiensten sowie eine Aufstockung und Dynamisierung der Mittel für die Frühen Hilfen, wie es auch im Koalitionsvertrag vorgesehen ist. Denn die Realität ist alarmierend: 2023 wurde bei über 63.000 Kindern eine Kindeswohlgefährdung festgestellt – ein neuer Höchststand. Neben persönlichem Leid verursacht jeder dieser Fälle hohe Folgekosten, die auf rund 400.000 Euro geschätzt werden. Insgesamt entsteht der Gesellschaft dadurch ein Schaden von mehr als 25 Milliarden Euro jährlich.
Dem gegenüber stehen vergleichsweise geringe Investitionen. Für durchschnittlich 56 Euro pro Geburt kann ein Lotsendienst finanziert werden. Bereits mit 38 Millionen Euro pro Jahr ließe sich eine bundesweite Grundausstattung sicherstellen – eine sozial und ökonomisch sinnvolle Maßnahme mit großer Wirkung für Kinder, Familien und Gesellschaft.
Thema: Informationen Familie & Kind | 17.09.2025 |