Impfschutz bei Immunerkrankungen
Chronisch-entzündliche Erkrankungen, die durch ein gestörtes Immunsystem verursacht werden, betreffen etwa fünf Millionen Menschen im deutschsprachigen Raum. Ein ausreichender Impfschutz ist für diese Personen besonders wichtig, da sie besonderen Risiken ausgesetzt sind. Dieser Blogartikel erklärt, warum dies so ist und was Menschen mit Immunerkrankungen bei Impfungen beachten sollten.
Immunerkrankungen, auch als Immunstörungen oder Immunpathologien bezeichnet, sind Fehlfunktionen des Immunsystems, die gesundheitliche Probleme verursachen können. „Normalerweise schützt das Immunsystem den Körper vor Infektionen und fremden Eindringlingen. Bei einer Immunerkrankung ist diese natürliche Abwehr jedoch gestört“, erklärt Dr. Ursula Marschall, leitende Medizinerin der BARMER. Weltweit leiden etwa fünf bis acht Prozent der Menschen an chronisch-entzündlichen Erkrankungen, die durch Störungen im Immunsystem ausgelöst werden. Dazu zählen Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose und Lupus, bei denen das Immunsystem irrtümlich körpereigenes Gewebe angreift, sowie Immundefizienzen oder Immunschwächen, bei denen das Immunsystem in seiner Funktion eingeschränkt oder zu schwach ist, um den Körper ausreichend zu schützen. Betroffene sind somit anfälliger für Infektionen.
Menschen mit immunvermittelten Erkrankungen sind möglicherweise nicht ausreichend geimpft und daher unzureichend vor bestimmten Infektionen geschützt. „Gerade für sie ist ein ausreichender Impfschutz besonders wichtig, da sie aufgrund ihrer Erkrankung und der häufig damit verbundenen immunsuppressiven Therapie ein erhöhtes Risiko haben, an Infektionen zu erkranken“, so Marschall. Immunsuppressive Therapien unterdrücken oder schwächen das Immunsystem gezielt, um autoimmune Reaktionen zu verhindern. Dies erhöht jedoch die Anfälligkeit für Infektionen, da das Immunsystem seine Schutzfunktion nicht mehr vollständig erfüllen kann.
Impfungen für Menschen mit Immunerkrankungen sind bislang wenig erforscht. Ein Projekt des Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) beschäftigt sich derzeit mit diesem Thema.
Patientinnen und Patienten mit immunvermittelten Erkrankungen sowie diejenigen, die sich in Immuntherapie befinden, sind besonders anfällig für Infektionen und schwere Krankheitsverläufe. Eine Infektion während der Immuntherapie kann zu einer Verschlechterung der Grunderkrankung führen und Schübe auslösen. Diese Patienten profitieren daher von einem erweiterten Impfschutz. Bestimmte Impfungen sind für sie besonders empfohlen, idealerweise in jüngeren Jahren als bei gesunden Menschen.
Impfungen aktivieren das Immunsystem, um langfristig eine Immunabwehr gegen eine Infektion aufzubauen. Das Risiko für eine schubartige Verschlechterung oder ein langsames Fortschreiten der Erkrankung nach einer Impfung ist gering. „Impfungen schützen viel häufiger vor Krankheitsschüben durch Infektionen, als dass sie diese auslösen. Nach aktuellem Kenntnisstand werden immunvermittelte Erkrankungen nicht von Impfungen getriggert“, erklärt Marschall. Entsprechende Sorgen und Ängste sollten in einem ärztlichen Aufklärungsgespräch vorab besprochen werden.
Grundsätzlich zeigen Patientinnen und Patienten ohne Therapie eine gute Immunantwort mit einer ausreichenden Schutzwirkung durch Impfungen. Gelegentlich müssen jedoch, abhängig von der Immuntherapie, mehr Impfungen als bei gesunden Menschen verabreicht werden, um einen ausreichenden Schutz aufzubauen. Unter Berücksichtigung des aktuellen Impfstatus können alle Tot- und RNA-Impfstoffe verabreicht werden. „Befindet sich ein Patient jedoch in immunsuppressiver Therapie, sollten bis auf wenige Ausnahmen keine Lebendimpfstoffe verabreicht werden“, warnt Marschall.
Ist eine Immuntherapie geplant, sollte der Impfschutz im Vorfeld vervollständigt und aufgefrischt werden. Liegt eine hohe Krankheitsaktivität vor, sollte eine Immuntherapie nicht für eine Impfung verschoben werden. Diese kann dann auch unter Immuntherapie nachgeholt werden, idealerweise in der Mitte eines Applikationsintervalls. „Impfungen sollten letztlich nicht in Phasen einer stark erhöhten Krankheitsaktivität erfolgen, um das Immunsystem nicht vollständig zu überfordern“, rät Dr. Marschall.
Ein ausreichender Impfschutz ist für Menschen mit Immunerkrankungen von entscheidender Bedeutung. Neben dem Schutz vor Infektionen tragen Impfungen auch dazu bei, Krankheitsschübe und Verschlechterungen der Grunderkrankung zu verhindern. Daher sollten Betroffene gemeinsam mit ihren behandelnden Ärzten den optimalen Impfplan besprechen und aufrechterhalten.
Quelle: http://www.barmer.de
Thema: Informationen Gesundheit | 06.12.2024 |