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20.06.2025

Inklusion in deutschen Kommunen: Anspruch und Wirklichkeit

Barrierefreie Wohnungen, zugängliche Schulen und Ämter, flexible Unterstützungsangebote – all das sollte laut UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Deutschland längst Standard sein. Seit 2009 ist die Konvention hierzulande geltendes Recht. Doch ein aktuelles Forschungsprojekt des Deutschen Instituts für Menschenrechte und der Universität Siegen zeigt: Die Realität sieht vielerorts noch anders aus.

Das Projekt mit dem Titel „UN-Behindertenrechtskonvention in den Kommunen“ hat bundesweit analysiert, wie Städte, Gemeinden und Kreise die Vorgaben der UN-BRK umsetzen. Die heute veröffentlichten Ergebnisse belegen: Nur 41 Prozent der Städte mit über 50.000 Einwohnern haben überhaupt Pläne zur Umsetzung erarbeitet oder abgeschlossen. Das reicht nicht aus, um Inklusion flächendeckend zu gewährleisten.

Dabei sind die Weichenstellungen auf kommunaler Ebene entscheidend, wenn es um Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen geht. Kommunen haben sowohl die Möglichkeiten als auch die menschenrechtliche Verpflichtung, Bereiche wie Wohnen, Bildung und Mobilität inklusiv zu gestalten. Wie das gelingen kann, zeigt die Studie deutlich: Vorausgesetzt wird eine systematische Planung, ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen und – besonders wichtig – die aktive Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen. Letzteres geschieht bisher nur in 40 Prozent der untersuchten Kommunen, obwohl partizipative Prozesse oft zu praxistauglicheren Lösungen führen und demokratische Teilhabe stärken.

Albrecht Rohrmann von der Universität Siegen betont, dass Investitionen in Barrierefreiheit gerade vor dem Hintergrund knapper Kassen oft zurückgestellt werden. Dabei zeigt die Praxis: Barrierefreiheit von Anfang an mitzudenken ist deutlich kosteneffizienter als nachträgliche Anpassungen – sei es bei Gebäuden, im öffentlichen Raum oder in digitalen Angeboten. Auch Leander Palleit vom Deutschen Institut für Menschenrechte macht deutlich, dass barrierefreie Infrastrukturen kein „Nice-to-have“ sind, sondern eine Grundvoraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe. Gerade angesichts des demografischen Wandels steigt der Bedarf an inklusiven Lösungen, die allen Menschen im Alltag zugutekommen.

Das Forschungsprojekt liefert nicht nur eine Analyse des Status quo, sondern auch praxisnahe Impulse: Wer an der Planung und Umsetzung von Inklusion auf kommunaler Ebene beteiligt ist oder andere für diese Aufgabe gewinnen möchte, findet auf der Website des Deutschen Instituts für Menschenrechte nun konkrete Beispiele, rechtliche Grundlagen und hilfreiche Materialien für inklusive Prozesse vor Ort.

Thema: Informationen | 20.06.2025 |

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