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13.05.2025

Internationale Jugendbegegnung: Gemeinsam erinnern, Zukunft gestalten

Junge Menschen aus ganz Europa haben sich in Köln getroffen, um sich über die gemeinsame Geschichte ihrer Länder auszutauschen und neue Perspektiven zu gewinnen. Das internationale Netzwerktreffen brachte rund 120 Gäste zusammen, darunter 80 Jugendliche aus Italien, Griechenland, Frankreich, Polen, Belgien, den Niederlanden, Tschechien, der Slowakei und der Ukraine. Die Wahl des Datums war kein Zufall: Der 8. Mai 1945 markiert das Ende des Zweiten Weltkriegs, ein entscheidender Wendepunkt in der europäischen Geschichte.

Seit 2008 organisiert der Landschaftsverband Rheinland (LVR) Jugendbegegnungen an weniger bekannten Erinnerungsorten. Es handelt sich um Orte wie Sant’Anna di Stazzema, Ano Viannos, Maillé, Lublin oder Kojetín – Schauplätze grausamer Verbrechen der deutschen Wehrmacht an der Zivilbevölkerung. Die Reisen sind mehr als reine Bildungsfahrten. Sie bieten Jugendlichen, die häufig aus Einrichtungen der Jugendsozialarbeit stammen, die Möglichkeit, die Geschichte hautnah zu erleben und aktiv zur Erinnerungskultur beizutragen. Bei ihren Besuchen helfen sie etwa bei der Pflege von Gedenkstätten, leisten Freiwilligenarbeit oder arbeiten gemeinsam an Kunstprojekten, die sich mit dem Thema Frieden befassen. Begegnungen wie diese sind essenziell, um Vorurteile abzubauen und ein tieferes Verständnis für die Vergangenheit zu entwickeln.

Einige der Jugendgruppen haben ihre Reise mit einem Gegenbesuch verknüpft. Teilnehmer aus Sant’Anna di Stazzema, Ano Viannos und Kojetín haben zuvor Moers, Geldern und Neuss besucht, bevor sie nach Köln kamen. Diese Erfahrung hat vielen von ihnen neue Einsichten verschafft. So erzählt der 19-jährige George aus Ano Viannos, dass er aufgrund der Verbrechen der Nazis in seinem Dorf stets Vorbehalte gegenüber Deutschen hatte. Die Begegnung mit Gleichaltrigen aus Deutschland habe ihm geholfen, seine eigene Meinung zu bilden.

Das Netzwerktreffen bot viel Raum für Austausch und gemeinsames Lernen. Neben Workshops zu den verschiedenen Erinnerungsorten besuchten die Jugendlichen das El-De-Haus in Köln, eine ehemalige Gestapo-Zentrale, die heute als Museum dient. Außerdem stand ein Tag in der Abtei Brauweiler auf dem Programm. Die Abtei hat eine lange und wechselvolle Geschichte – während des Nationalsozialismus wurden dort Menschen in einem Gestapo-Gefängnis inhaftiert. Dank der Kooperation mit dem LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum sowie dem LVR-Amt für Denkmalpflege konnten die Jugendlichen in verschiedenen Workshops mehr über die Bedeutung dieses Ortes erfahren.

Das Programm „Jugend gestaltet Zukunft – Internationale Jugendbegegnungen an Orten der Erinnerung in Europa“ wächst stetig. In den letzten Jahren sind neue Erinnerungsorte hinzugekommen, darunter Gent in Belgien, Košice in der Slowakei und Kojetín in Tschechien. Auch in Limburg in den Niederlanden finden dieses Jahr erstmals Jugendbegegnungen statt. Allerdings gibt es auch Herausforderungen: Die Fahrten nach Baranivka in der Ukraine mussten aufgrund des russischen Angriffskrieges ausgesetzt werden. Gerade in Zeiten wie diesen wird deutlich, wie wichtig solche Programme für Völkerverständigung und Demokratiebildung sind. LVR-Jugenddezernent Knut Dannat betont, dass diese Arbeit einen wertvollen Beitrag leistet.

Im Jahr 2024 fanden insgesamt 13 Jugendbegegnungen statt – sechs im europäischen Ausland, sieben im Rheinland. Insgesamt nahmen 245 Jugendliche teil, davon 122 aus dem Rheinland. Zusätzlich gab es zwei Gedenkreisen anlässlich der 80-jährigen Jubiläen der Wehrmachtsverbrechen in Maillé und Sant’Anna di Stazzema. Hierbei reisten Fachkräfte sowie Vertreter*innen aus Verwaltung und Politik des LVR mit, um den Opfern zu gedenken und ein Zeichen für „Nie Wieder“ zu setzen.

Das Programm wird vom NRW-Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration sowie vom LVR finanziert. Es bietet jungen Menschen die Möglichkeit, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, internationale Kontakte zu knüpfen und aktiv an einer friedlicheren Zukunft mitzuwirken. Durch Begegnung, Austausch und gemeinsames Lernen entsteht ein starkes Netzwerk für Erinnerungskultur und Verständigung in Europa.

Thema: Informationen | 13.05.2025 |

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