14.07.2025
Pflegefachassistenz braucht klare Standards
Die BAG SELBSTHILFE begrüßt den Gesetzesentwurf zur Einführung einer bundeseinheitlichen Pflegefachassistenzausbildung als wichtigen Schritt zur Sicherung der pflegerischen Versorgung und zur gezielten Entlastung des Fachpersonals. Ein klar definiertes Berufsprofil mit verbindlichen Qualifikationen und Aufgabenverteilungen kann zur strukturellen Stärkung des Gesundheitssystems beitragen und insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels wertvolle Potenziale erschließen.
Die Einführung einer eigenständigen Assistenzqualifikation bietet die Möglichkeit, Pflegefachpersonen durch die Übertragung geeigneter Tätigkeiten zu entlasten und gleichzeitig die Rolle der Assistenzkräfte zu professionalisieren. Ein transparenter Kompetenzrahmen fördert nicht nur die Qualität der Versorgung, sondern auch die berufliche Identifikation und die Anerkennung innerhalb interprofessioneller Teams.
Gleichzeitig wirft der Entwurf eine Reihe fachlicher und struktureller Fragen auf. Die generalistische Ausrichtung der Ausbildung ist grundsätzlich sinnvoll, da sie eine breite Einsetzbarkeit eröffnet – etwa auch für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit seltenen Erkrankungen. Allerdings zeigen aktuelle Zahlen und Rückmeldungen aus der Praxis, dass die pädiatrische Qualifikation im Zuge der Generalisierung deutlich zurückgeht. Hier besteht Nachbesserungsbedarf: Um Versorgungslücken zu vermeiden, müssen verbindliche Inhalte zur Kinderkrankenpflege und zur Behandlung seltener Erkrankungen in die Ausbildung integriert werden.
Besonders kritisch zu bewerten ist die geplante Ausbildungsdauer von lediglich 18 Monaten. Angesichts der vorgesehenen Aufgaben – teilweise in sensiblen Bereichen der medizinischen Behandlungspflege – erscheint diese Zeitspanne unzureichend, um sowohl theoretisches Wissen als auch praktische Sicherheit zu vermitteln. Eine weitere Verkürzung durch Anerkennung beruflicher Vorerfahrung oder fehlender Ausbildungszeiten birgt die Gefahr einer unzureichenden Qualifikation und damit verbundenen Risiken für die pflegerische Qualität und Sicherheit. Erfahrungswissen darf eine strukturierte fachliche Ausbildung nicht ersetzen.
Der Gesetzentwurf bleibt zudem eine klare rechtliche und haftungsrechtliche Abgrenzung der Verantwortungsbereiche schuldig. In der Praxis zeigt sich bereits heute eine schleichende Verlagerung von Tätigkeiten auf Assistenzkräfte – häufig ohne formale Qualifikation oder rechtliche Absicherung. Dies führt zu Unsicherheiten im Alltag und birgt das Risiko gesundheitlicher Schäden sowie haftungsrechtlicher Konsequenzen. Eine verbindliche und praxisgerechte Aufgabenabgrenzung ist unerlässlich und muss durch bundesweit einheitliche Umsetzungs- und Orientierungshilfen flankiert werden.
Ebenso wichtig ist die Frage der Supervision und fachlichen Begleitung. Pflegeassistenz kann nur dann qualitativ hochwertig sein, wenn ausreichend qualifizierte Pflegefachkräfte Zeit und Ressourcen für Anleitung und Kontrolle erhalten. Schon heute fehlt es vielerorts an entsprechend ausgebildeten Praxisanleiter*innen. Ohne strukturelle Anpassungen und verbindliche Qualifizierungsangebote ist eine zuverlässige Anleitung nicht gewährleistet – was sowohl die Ausbildungsqualität als auch die Patientensicherheit gefährden kann.
Fazit: Die geplante Pflegefachassistenzausbildung bietet erhebliche Chancen für die Weiterentwicklung der pflegerischen Versorgung. Damit diese jedoch realisiert werden können, bedarf es wesentlicher Korrekturen im Gesetz: insbesondere hinsichtlich der Ausbildungsinhalte, der Zeitdauer, der rechtlichen Rahmenbedingungen sowie der strukturellen Unterstützung für die Praxisanleitung. Nur durch eine qualitätsgesicherte und verantwortungsbewusste Ausgestaltung lässt sich eine langfristig tragfähige Versorgungsstruktur schaffen – zum Wohle der Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen sowie aller Pflegebedürftigen.
Thema: Informationen Gesundheit | 14.07.2025 |
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