08.07.2025
Digitale Barrierefreiheit bleibt auf der Strecke – DBSV fordert klare Sanktionen und mehr Transparenz
Trotz seit Jahrzehnten geltender gesetzlicher Vorgaben bleiben viele Webseiten und Apps öffentlicher Stellen für Menschen mit Behinderung schwer oder gar nicht nutzbar. Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) nutzt den bundesweiten Digitaltag am 27. Juni, um auf diesen Missstand hinzuweisen – und fordert deutlich mehr Transparenz sowie spürbare Konsequenzen bei Verstößen gegen die Anforderungen zur Barrierefreiheit.
Behörden, Krankenkassen, Hochschulen und andere Träger öffentlicher Gewalt sind seit über 20 Jahren verpflichtet, ihre digitalen Angebote barrierefrei zu gestalten. Spätestens seit Inkrafttreten der EU-Webseiten-Richtlinie im Jahr 2018 gilt das auch verbindlich für mobile Anwendungen. Doch ein aktueller Bericht vom März zeigt: In der Praxis bleibt der Anspruch auf digitale Teilhabe häufig unerfüllt.
Christiane Möller, Geschäftsführerin des DBSV, bringt es auf den Punkt: „Die Gesetze sind zahnlose Tiger, wenn Verstöße nicht endlich mit konkreten Sanktionen belegt werden.“ Der Verband fordert daher, die Ergebnisse der Überwachungsstellen von Bund und Ländern namentlich und zeitnah nach den Prüfungen zu veröffentlichen. Bislang sind solche Informationen nur dank des Engagements der Aktivistin Casey Kreer teilweise einsehbar – sie hatte sich per Informationsfreiheitsgesetz Zugang verschafft.
Doch damit nicht genug: Der DBSV fordert auch, dass die Überwachungs- und Durchsetzungsstellen künftig die ausdrückliche Befugnis erhalten, bei Verstößen die zuständigen Aufsichtsbehörden zu informieren und Bußgelder zu verhängen.
Ein Blick auf die Zahlen bestätigt den Handlungsbedarf. Der aktuelle EU-Umsetzungsbericht offenbart erschreckende Lücken: Keine der 7.239 geprüften Webseiten und keine der 269 Apps erfüllen vollständig die Anforderungen an Barrierefreiheit. Über die Hälfte der öffentlichen Stellen veröffentlicht nicht einmal die vorgeschriebene Erklärung zur Barrierefreiheit – und wenn doch, genügt sie in den wenigsten Fällen den formalen Vorgaben. Besonders drastisch ist die Situation bei PDF-Dokumenten: Nur vier Prozent bestehen den automatisierten Barrierefreiheitstest – wobei selbst dieser nicht alle Probleme erkennt.
Für den DBSV ist klar: Wer digitale Teilhabe ernst nimmt, muss nicht nur Gesetze formulieren, sondern auch deren Umsetzung konsequent einfordern. Barrierefreiheit darf kein frommer Wunsch bleiben – sie ist ein Grundrecht.
Thema: Informationen Selbsthilfe | 08.07.2025 |
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