Neue Perspektiven zur Inklusiven Kinder- und Jugendhilfe: Stellungnahme der DVfR
Im Oktober 2024 äußerte sich die Deutsche Vereinigung für Rehabilitation (DVfR) zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) bezüglich des Kinder- und Jugendhilfeinklusionsgesetzes (IKJHG). Obwohl die DVfR diese Bemühungen grundsätzlich begrüßt, gibt es innerhalb des Verbandes eine intensive Diskussion darüber, ob die neuen gesetzlichen Regelungen tatsächlich die gewünschten Verbesserungen für Kinder, Jugendliche und deren Familien bringen werden.
Das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) verfolgt das Ziel, alle Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe im Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) inklusiv zu gestalten. Bis 2028 sollen alle relevanten Leistungen unter einem Dach vereint werden, um jungen Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen die notwendige Teilhabe zu ermöglichen. Der vorliegende Referentenentwurf zum IKJHG stellt die Vorbereitung für die Umsetzung der dritten Reformstufe dar.
Die DVfR kritisiert jedoch, dass die im KJSG festgelegten Ziele sowie die Systematik des Sozialrechts und die Prinzipien des Rehabilitations- und Teilhaberechts im Entwurf nicht ausreichend berücksichtigt werden. Der Verband befürchtet zudem, dass die Bedingung, keine Verschlechterungen für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen zu verursachen, nicht erfüllt wird. Es besteht die Gefahr, dass durch die differenzierte Übernahme einzelner Regelungen aus dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) in das SGB VIII ein vom SGB IX losgelöstes kinderspezifisches Reha- und Teilhaberecht entsteht.
Für eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe hält die DVfR es für notwendig, bereits die Leitnorm in § 1 SGB VIII anzupassen. Das Recht auf eine volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe sollte neben der Entwicklung und Erziehung als neuer Gesamtauftrag explizit erwähnt werden. Nur so kann die Teilhabe von jungen Menschen mit Behinderungen umfassend in allen Lebensbereichen berücksichtigt und umgesetzt werden.
Weiterhin ist es aus Sicht der DVfR unabdingbar, dass die Kinder- und Jugendhilfe in das einheitliche Rehabilitations- und Teilhaberecht des SGB IX eingebunden bleibt. Dies ist erforderlich, damit die Grundsätze des trägerübergreifenden Verfahrens und der trägerübergreifenden Leistungen ihre Wirkung entfalten und kein isoliertes Lebensabschnittsmodell entsteht, das im Erwachsenenalter keine Anschlussfähigkeit besitzt.
Die Stellungnahme der DVfR geht auf verschiedene Aspekte des Referentenentwurfs ein, wie das Leistungsrecht, das Leistungserbringungsrecht, das Kostenbeitragsrecht und das Sozialgerichtsgesetz. Sie verweist zudem auf die Erfahrungen aus der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG). Diese Erfahrungen zeigen, dass umfangreiche gesetzliche Änderungen viel Zeit in Anspruch nehmen, insbesondere wenn Landesgesetze und Rahmenverträge neu abgeschlossen werden müssen. Viele Mitglieder der DVfR befürchten, dass die intendierten Verbesserungen bei den betroffenen Kindern nicht ankommen werden und die Versorgung von Kindern mit Behinderungen nicht nachhaltig verbessert wird.
Insgesamt zeigt die Diskussion um das IKJHG, wie wichtig es ist, die Anliegen und Bedenken aller beteiligten Akteure zu berücksichtigen, um eine inklusive und gerechte Kinder- und Jugendhilfe zu schaffen.
Quelle: http://www.dvfr.de
Thema: Informationen Familie & Kind | 15.11.2024 |