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03.11.2025

Frühe Chancen – aber nicht für alle: Warum das Kita-System soziale Ungleichheit zementiert

Der aktuelle Bericht des Paritätischen Gesamtverbands zur Armut und Kita-Betreuung zeigt eindrücklich, dass das deutsche System der Kindertagesbetreuung derzeit nicht ausreichend dazu beiträgt, soziale Ungleichheiten zu verringern. Obwohl Kitas gesetzlich den Auftrag haben, Benachteiligungen abzubauen, profitieren Kinder aus armutsbetroffenen Familien deutlich weniger von frühkindlicher Bildung. Sie besuchen seltener eine Kita, und wenn doch, dann meist nur in geringerem zeitlichem Umfang. Dabei liegt das Problem nicht an mangelndem Interesse: Viele Eltern äußern den Wunsch nach Betreuung, können diesen aber aufgrund fehlender Plätze oder zu hoher Kosten nicht realisieren.

Ein zentrales Hindernis bleibt die finanzielle Belastung durch Elternbeiträge. Zwar sieht das Gesetz Befreiungen für Familien mit Sozialleistungsbezug vor, doch in der Praxis zahlen viele armutsbetroffene Haushalte weiterhin erhebliche Beträge. Diese Kosten schrecken ab und verhindern den Zugang zur frühkindlichen Bildung. Hinzu kommt, dass auch das Bildungs- und Teilhabepaket (BuT), das eigentlich Kindern aus einkommensschwachen Familien gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen soll, nur einen Teil der Anspruchsberechtigten erreicht. Die geringe Inanspruchnahme hängt häufig mit bürokratischen Hürden, komplizierten Verfahren und mangelnder Information zusammen.

Die Folgen dieser Ungleichheit sind gravierend. Für die Kinder bedeutet sie, dass ihnen wichtige Bildungs- und Entwicklungschancen entgehen. Für die Eltern wird es schwieriger, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen oder ihr Einkommen zu sichern. Und für die Gesellschaft insgesamt gehen wertvolle Potenziale verloren, weil nicht alle Kinder die gleichen Startchancen erhalten. Es entsteht eine klassische Lose-Lose-Lose-Situation, von der letztlich niemand profitiert.

Um diese Schieflage zu überwinden, sind konkrete Maßnahmen notwendig. Der Zugang zur Kindertagesbetreuung muss erleichtert und die Betreuungsumfänge ausgeweitet werden. Besonders wichtig ist es, die Kostenfreiheit für armutsbetroffene Familien konsequent umzusetzen, damit finanzielle Hürden nicht länger den Ausschlag geben. Auch die Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket sollten einfacher zugänglich werden – etwa durch eine automatische Gewährung statt komplizierter Antragsverfahren. Zudem braucht es eine bessere Personalausstattung in Kitas, die viele benachteiligte Kinder betreuen, sowie eine dauerhafte finanzielle Beteiligung des Bundes.

Nur wenn diese Schritte umgesetzt werden, kann das System der Kindertagesbetreuung seinem eigentlichen Auftrag gerecht werden: soziale Ungleichheiten zu verringern und allen Kindern – unabhängig von ihrer Herkunft oder der finanziellen Lage ihrer Eltern – faire Startchancen zu bieten.

Thema: Informationen Familie & Kind | 03.11.2025 |

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